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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Schocksituationen im Bekleidungsgeschäft

Jacke wie Hose


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Bild: Uli
 (© Eckdose)

Ich finde, gewisse erbrachte Leistungen geben dem Leistenden einen Anspruch darauf, gewisse Dinge zu erfahren. Ja, zum Beispiel, wenn ich im Bekleidungsgeschäft Hosengrößen vergleichend auf die Begleitung wartend von einer wildfremden Spätvierzigerin angesprochen werde. Mit einer beigen Winterjacke kam die südländische Frau zielstrebig auf mich zu. So zielstrebig war sie, dass ich mich nicht hinter den Jeans für 15 Euro verstecken konnte. Das konnte ich meiner Größe wegen schon nicht.

Blitzartig scannte ich in Gedanken mein Äußeres durch, ob ich auf irgendeine mir noch nicht bewusste Weise den Eindruck vermitteln würde, ein Verkäufer des Bekleidungsgeschäftes zu sein. Ein Ergebnis stellte sich mir nicht ein. Weder saß meine Hose auf Hüfthöhe, noch hatte ich Leder-Lackschuhe mit Herrenabsatz an. Auch sprach meiner Meinung nach die grüne PVC-Regenjacke mit dem dunkelgrün-gelb-orangen Reißverschlussstreifen gegen meine berufliche Existenz als Bekleidungsgeschäftsangestellter. Aber man kann nie wissen, was die Leute so bewegt, dachte ich am Ende meiner Analyse. Und so wandte ich mich irritiert der Frau zu.

Sie hatte bereits voll sich auf mich eingeschossen, die Winterjacke auf der Jeansauslage ausgebreitet und öffnete deren Reißverschluss. Zugleich versuchte sie mir im gebrochenen Deutsch etwas mit „Jacke“, „passen“ und „Größe“ zu vermitteln. Ich verstand nicht, was sie wollte. „Ähh, nee, ich bin auch nur ein Kunde hier...“. „Probieren – Größe – Sohn – Bitte.“

Jetzt war schlagartig die Titanic mitsamt totem Leonardo di Caprio aufgetaucht, die Lampenabteilung von Obi in meinem Kopf aufgeleuchtet und zugleich die Kronjuwelen der Queen von tausenden Scheinwerfern beleuchtet worden: Die Dame wollte, dass ich die Jacke anprobieren solle, da meine Größe in etwa der ihres Sohnes entspreche, für den sie die Jacke kaufen würde. Meine Augen erfassten bereits vor der Anprobe mit einem einzigen Blick, dass bereits die Ärmel nur für sommerliche Temperaturen geschaffen seien.

Zur Präsentation mühte ich mich in das winzige Jäckchen, es war zu klein. Ein Fingerzeig auf die Differenz zwischen Unterarm und Ärmellänge unterstrich die Bedeutung meiner Worte. „Ich bin aber auch ein Meter neunzig groß.“ Überschwängliches Bedanken war die Folge, „oh, neunzig...“. Die Frau nahm die Jacke, dankte abermals und wandte sich einer jungen Dame, wohl ihrer Tochter, zu. „Zu klein...“, vernahm ich noch, ehe Beide ihren Weg zurück in die Jackenabteilung auf sich nahmen.

Ich finde, dass ich einen Anspruch habe, zu erfahren, ob der Sohn dann eine Jacke mit längeren Ärmeln erhalten wird, ob er überhaupt auch so groß sei oder ob das Jackengeschäft für diesen Winter damit gelaufen sei.

Uli in Gesellschaft am 16.10.2010 um 18.53 Uhr

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