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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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Schlechte Nachhaltigkeits-Noten für Kleidertausch-Konzept

Verschwendung mit gutem Gewissen


Nicht alles, was ich brauche, muss ich auch besitzen. Das ist die Devise von „Nutzen statt Besitzen“, die Idee, gemeinsam zu konsumieren und so Ressourcen zu schonen. Eine Bohrmaschine etwa hat zwar fast jeder. So gut wie niemand bohrt jedoch permanent Löcher. Die Mengen an Kleidung, die gekauft werden, kann kein Mensch tragen. In Deutschland z.B. werden pro Jahr pro Person 26 Kilogramm Textilien gekauft, davon ist gut die Hälfte Bekleidung.

Als Beispiel für die gegenwärtige „Nutzen-statt-Besitzen“-Mode wird gerne die Tausch- und Verkaufplattform Kleiderkreisel genannt. Auch sich selbst stellt die Seite so vor: „Kleiderkreisel will eine umweltfreundliche aber auch soziale Alternative zum kommerziellen Handel sein und zeigt wie Second-Hand im Zeitalter des Web 2.0 funktioniert: Heute meins – morgen deins!“

Gut gedacht...

Die Idee war, dass ein Nutzer möglicherweise Kleidungsstücke nicht mehr haben will, die jedoch ein anderer Nutzer sucht. Wenn zufällig der andere auch noch ein Textil hat, was der erste gerne hätte, könnten die beiden tauschen. Sind beide Artikel gleichwertig, auch noch beide Nutzer aus derselben Stadt, dann wäre der Tausch ohne großen logistischen, finanziellen und ökologisch schädlichen Aufwand möglich.

Leider ist dieses einfache Erklär-Beispiel, mit dem auch die Plattform wirbt, ein seltener Ausnahmefall auf Kleiderkreisel. Aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kommen die knapp 400.000 Nutzer. Dass so viele Menschen viel Kleidung besitzen, die sie nicht mehr brauchen, belegt die Zahl von gegenwärtig 2,4 Millionen gespeicherten Artikeln. Doch nur gut die Hälfte ist seit Beginn der Seite im Sommer 2009 an Transaktionen erfolgt. Ein deutliches Missverhältnis, das sagt: Es wird nicht getauscht. Auch hier gibt es viel zu viel. Und wenn etwas den Besitzer wechselt, dann meist durch Kauf.

Sieht so der Kampf gegen Verschwendung aus?

„Mach mit und kämpfe stilvoll gegen Verschwendung“, begrüßt die Startseite die Besucher. Links und Texte, wie man tatsächlich gegen Verschwendung kämpfen kann, fehlen. Stattdessen wird eifrig Werbung für große Konzerne geschaltet. Die Zielgruppe zwischen 14 und 24 ist besonders empfänglich für die Aufforderung zum Einkaufen.

Keinen Hehl macht der Unternehmenssprecher Martin Huber bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema „Nutzen statt Besitzen“ aus der Tatsache, dass Kleiderkreisel eher noch zum Konsum anregt. Er sieht es sogar positiv, dass sich Nutzer, die auf dem Land wohnen, neuwertige Produkte aus den Modehäusern der Stadt zuschicken lassen. Sieht so der Kampf gegen Verschwendung aus?

Das Geschäft mit dem guten Gewissen

Indem Kleiderkreisel existiert, wird die Verschwendung durch so genannte Rebound-Effekte gefördert. Wer sich anmeldet und seine Artikel anbietet, hat ein gutes Gewissen. Ihm wird suggeriert, er handle nachhaltig. Durch frei gewordenen Platz im Kleiderschrank und verdientes Geld verschwindet der gefühlte Überfluss. Neues wird gekauft, weil man weiß, dass auf Kleiderkreisel weiter verkauft werden kann. Der Blick in die Kataloge zeigt nicht nur neu gekaufte, aktuelle Saisonkleidung. Haufenweise kaum gebrauchte Kosmetikartikel stapeln sich digital. Accessoires, die schon zur Herstellung um die halbe Welt geschickt wurden, stehen zum Weiterverkauf. Anstatt auf Flohmärkte zu gehen, werden Artikel quer durch Deutschland in entlegene Winkel gesendet. Die Paketdienste freuen sich und pusten mit ihren Transportern Treibgase in die Luft.

Wirkliche Alternativen wären lokale Tauschbörsen. Die Behauptung Hubers, man wolle sie mehr fördern, wirkt wie ein billiges Greenwashing. Im Oktober hat Kleiderkreisel einen unnötigen Ableger aus dem Boden gestampft: Mamikreisel. Der Kampf gegen Verschwendung ist dem „Wohlfühl-Flohmarkt“ gewichen, auf den niemand gewartet hat. Keine Mami und kein Papi muss sich die Kinderwagen und Kinderwaagen vom anderen Ende Deutschlands zuschicken lassen. Jeder Dorf-Kindergarten veranstaltet Gebrauchtwarenbasare.

Ein Nachhaltigkeits-Siegel würde die Plattform sicher nicht erhalten, ist spätestens nach der Böll-Podiumsdiskussion klar.

Sozialer Effekt?

Hubers Schlussplädoyer, doch eine Studie über den sozialen Effekt von Second-Hand-Plattformen wie Kleiderkreisel anzufertigen, lenkt vom Problem der Unaufrichtigkeit gegenüber den Nutzern und dem eigenen Gewissen ab. Es brauche die Netzseiten, sagt er, da Menschen keine andere Möglichkeit hätten, ihre Nachbarn kennen zu lernen. Erst, wenn einen das Internet darauf aufmerksam mache, dass der Mensch nebenan eine Bohrmaschine besitzt, komme man auf die Idee, bei ihm zu klopfen. Schade, wenn so der Blick für die Mit- und Umwelt auf sich selbst und den eigenen Nutzen reduziert bleibt.

Es geht auch anders

Wie ein Fels in der Mode-Konsum-Brandung wirkt da die Kleiderei in Hamburg. Zwei Studentinnen mit Idealen haben das Bücherei-Konzept auf Kleider übertragen. Ein Laden gefüllt mit ausgefallenen Einzelstücken steht vor Ort bereit. Die Kleidung, die man gerne anziehen möchte, darf man dort gegen eine kleine Nutzungsgebühr leihen. Wenn man einen ökologischen Nachteil sucht, wäre das die häufige Reinigung. Positiv ist, dass nicht das Habenwollen im Vordergrund steht, sondern gemeinschaftliche Konsumkultur in Reinform.

Uli in Lebenskunde am 16.11.2012 um 10.56 Uhr

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Kommentare

Kommentar:

Aha, hier rein ist also die langjährige Recherche als Netztroll geflossen, nät schlächt

Bosso am 21.11.2012 um 12.38 Uhr.


Kommentar:


Psschd. Keine Quellen enttarnen, sonst versiegen sie.

Uli am 21.11.2012 um 16.39 Uhr.


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