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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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Wahrheit und Pluralität

Die Hose in türkis


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Bild: Uli
 (© Eckdose)

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Was ist nun wahr? Ich möchte behaupten, dass „wahr“ nicht einfach dasselbe ist wie „richtig“. Denn, während es zwar „richtig“ ist, die Farbe „türkis-mit-Schwerpunkt-auf-blau“ genauso „türkis“ zu nennen wie die Farbe „türkis-mit-Schwerpunkt-auf-grün“ – optisch würden beide sich unterscheiden und trotzdem wäre beides „richtig“ – ist in Bezug auf die Farbe meiner ganz konkreten Hose genau nur Eines „wahr“, aber eben dieses eine Wahre lässt sich nicht adäquat beschreiben, weil die Mittel meiner Wahrnehmung und meiner Sprache zu beschränkt sind (ich kann als einfacher Mensch nicht Farbanteile erkennen und sagen: 5Blau auf 2Grün, geschweige denn noch differenziertere Angaben machen). Und deshalb wähle ich zur Annäherung an das, was ich wahrnehme, mitunter anderes Vokabular als jemand anderes. Und der Andere sagt dann aus seiner Warte, das sei nicht „richtig“, was ich sage - meint aber eigentlich: Das entspricht nicht dem, was ich wahrnehme und dem, wie ich das beschreiben würde.

Gibt es also keine Wahrheit? Seit geraumer Zeit hört man das ja öfter. Wir leben im Pluralismus, da gibt es keine Wahrheit. Da gibt es viele Wahrheiten. Das halte ich für blanken Unsinn und zwar Unsinn im sprachlichen Sinn. Der Begriff „Wahrheit“ zielt auf etwas Konkretes, das als wahr bezeichnet werden kann. Wenn Vieles wahr sein soll, dann wäre das, als würde ich viele Unendlichkeiten nebeneinander behaupten. Das widerspricht dem Begriff. Entweder es gibt Wahrheit oder es gibt keine Wahrheit, aber viele Wahrheiten nebeneinander ergeben begrifflich keinen Sinn. Wenn ich das große Nebeneinander meine, dann muss ich aufhören, den Begriff „Wahrheit“ generell zu verwenden. Richtig ist es jedoch von „Multiperspektivität“ zu sprechen. Das meint, dass ich die Hosenfarbe anders wahrnehme als der Käufer. Aber bitte: Die Hose und ihre Farbe bleiben doch dieselbe – wieso sollte es also plötzlich keine Hose und keine Farbe mehr geben? Multiperspektivität schließt Vorhandensein von Wahrheit keineswegs aus.

Und dann noch ein Letztes: Dass es eine Multiperspektivität gibt, heißt auch nicht, dass deshalb alles „richtig“ ist und man nicht mehr sagen darf, was „falsch“ ist. Wenn ich meine Hose als „rot“ bezeichnet hätte, dann wäre das schlichtweg „Unwahrheit“ gewesen. Da kann dann auch keiner in vermeintlicher Toleranz sagen – man hört das wohl öfter: „Jeder hat halt seine Meinung.“ Das kann dann zwar faktisch zutreffen, aber mitunter ist es „richtig“ zu erwidern: „Ja, aber deine Meinung ist ‚falsch’“.

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sophie in Philosophie am 12.08.2017 um 15.42 Uhr

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