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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
für Tagfalter und Nachtdenker

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Predigt zum Sonntag zwischen Himmelfahrt und Pfingsten

Ein Gott, der uns sieht

Der Sonntag heute ist der Sonntag zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. An Himmelfahrt ist Jesus Christus aufgefahren in den Himmel. An Pfingsten feiern wir, dass Gott uns seinen Heiligen Geist schickt. Der Sonntag heute steht dazwischen: Jesus Christus ist weg und der Geist ist noch nicht da. Der Sonntag heute ist sozusagen ein Sonntag der Verlassenen. Darum dreht sich diese Predigt.

Erläuterung

Unsere Dialogpredigt von heute möchten wir mit Euch Lesern teilen. Als Lied begleitete uns durch den Gottesdienst „Du hast uns, Herr, gerufen“ (EG 168). Zu Beginn beteten wir den Psalm 27. Die Schriftlesung war Römer 5, 1 bis 5.

Die Predigt

Der Predigttext steht im Johannesevangelium, Kapitel 14, Verse 15 bis 19. Jesus sagt hier zu seinen Jüngern:

Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.

Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen anderen Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit:

Den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.

Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.

Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben.

Die Sätze, die Jesus da zu seinen Jüngern sagt, kennen wir als Ankündigung von Pfingsten: „Der Vater … wird euch einen anderen Tröster geben … den Geist der Wahrheit“. Wir wissen, wie die Geschichte damals weiterging. Wir haben sie ja erst vor sechs Wochen an Ostern gehört: Jesus war gestorben. Ein Mensch, den wir alle geliebt haben, war plötzlich weg. Ein Mensch, der uns zugehört hat und uns so viel zu sagen hatte, fehlte. Jesus war für seine Jünger und Freunde der Mittelpunkt des Lebens. Ohne ihn gab es für sie kein Leben mehr. Sie fühlten sich komplett verlassen, als gäbe es nie mehr eine Zukunft.

Aber dann, nach drei Tagen, war Jesus plötzlich wieder da: Er lebte – so, wie er es versprochen hatte: „Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Jesus hatte es versprochen und er hatte sein Versprechen gehalten. Plötzlich war die Welt wieder lebenswert. Plötzlich machte alles Sinn. Sie konnten ihn wieder sehen und sie konnten ihn sogar anfassen. Sie konnten ihn wieder hören, auf seine Worte hören und vertrauen.

Ja, aber nicht einmal sechs Wochen später versammelte Jesus wieder alle zusammen. Es kam Himmelfahrt – wir kennen das heute als Fest und Feiertag. Den Jüngern damals war bestimmt nicht zum Feiern zumute. Einen Toten, der doch wieder lebt– den lässt man nicht einfach schon wieder gehen. Den will man festhalten bei sich. Man will ihn nicht aus den Augen lassen. Man will ihn weiter sehen und hören können. Hatte Jesus nicht gesagt: „Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben“? Wieso sahen sie dann nichts? Wieso sehen wir dann nichts? Wieso kann ich Gott nicht sehen?

Ich muss ihn ja nicht unbedingt sehen können. Nicht einmal die Propheten im Alten Testament hatten ihn gesehen. Aber sie hatten ihn doch wenigstens gehört. Gott hatte ihnen doch klare Antworten gegeben und Wege gezeigt, die sie gehen konnten. Wieso kann ich Gott nicht hören?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen oder Euch geht. Vielleicht hört ihr Gott oder seht ihr Gott… - -

Vielleicht hat er sich irgendwo versteckt? Der Prophet Jesaja weiß: Wer Gott von ganzem Herzen sucht, von dem lässt sich Gott auch finden. Vielleicht suche ich nicht genug?

Tatsächlich ist es aber so, dass Gott sich nicht einfach irgendwo hinter dem Vorhang oder dort in der Sakristei versteckt. Ich könnte jetzt nachschauen. Vielleicht ist er ja tatsächlich da. Aber wenn, dann glaube ich, dass er nicht so da ist, wie ich da bin oder Sie da sind. So war Jesus damals da – aber seit Himmelfahrt ist Jesus eben nicht mehr so da, wie wir hier da sind. Er sagte ja, „dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen“.

Was meint er denn jetzt mit diesem Sehen, wo ich doch eben nichts sehe?

Ich glaube, ich bin nicht der einzige, der schon mal ein Kind gesehen hat, das sich die Augen zuhält. Es hält sich die Augen zu und sagt: „Du kannst mich jetzt nicht mehr sehen.“ Natürlich kann ich das Kind noch sehen. Aber das Kind sieht mich nicht mehr. Das Kind sieht nur, was es selbst sehen kann. Und wenn es sich die Augen zuhält, sieht es eben nichts.

So ähnlich kann das ja auch mit Gott sein. Wenn ich Gott nicht sehen kann, dann heißt das nicht, dass ich weg bin oder dass Gott weg wäre. Schon gar nicht heißt das, dass Gott mich nicht sieht, nur weil ich ihn nicht sehe.

Genau! Wir müssen also unterscheiden: Zum einen sind da wir Menschen und sehen das, was Menschen sehen können. Zum anderen ist da Gott, der sieht mehr, der sieht mich. Ich kann also nicht sagen, dass Gott nicht da wäre oder dass er mich vergessen hätte.

Jetzt hat Jesus aber dennoch versprochen: „Ihr aber sollt mich sehen.“ Hat er geflunkert, damit wir nicht so traurig sind?

Ich glaube, nicht. Er hat wie immer die Wahrheit gesagt.

Stellen wir uns zwei Menschen vor, die sich lieben. Sie wissen, dass es die Liebe gibt. Sie können die Liebe aber nie sehen. Sie sehen sich. Wenn einer der zwei Menschen jetzt an einen anderen Ort geht, dann ist er weg. Der andere kann ihn jetzt nicht mehr sehen. Ist deshalb die Liebe weg?

Nein, natürlich nicht! Die Liebe hat nichts damit zu tun, ob der andere mit mir im selben Raum ist – ob ich ihn also direkt sehen kann oder direkt hören kann. Auch, wenn ich ihn nicht direkt sehen oder hören kann, weiß ich, dass er mich liebt.

Das gilt auch für die Liebe Gottes zu uns Menschen. In Jesus Christus hat sich die Liebe Gottes uns Menschen gezeigt. Aber sie hört nicht an dem Tag auf, als Jesus in den Himmel zurückkehrte.

Natürlich ist es schöner, wenn man den, den man liebt, auch wirklich sehen und spüren kann. Wer zurückgelassen wird, ist traurig. Auch wenn er nicht an der Liebe zweifelt.

Deshalb versprach Jesus: „Der Vater … wird euch einen anderen Tröster geben.“ Diesen Tröster kennen wir als Heiligen Geist. Der hatte nie einen Körper wie ihn Jesus Christus hatte. Trotzdem bewirkt er mehr als alles, was wir sehen oder hören können. Er hilft uns, geduldig zu sein, wie wir in der Schriftlesung gehört haben. Er hilft uns, auszuharren, wie wir im Psalm gebetet haben. Er hilft uns, zu hören, was Gott uns sagt, wie wir gemeinsam gesungen haben.

Und wenn wir dennoch zweifeln, weil wir nichts sehen oder nichts hören oder jetzt gerade nichts sehen oder jetzt gerade nichts hören, dann gilt immer noch: Gott sieht uns und hört uns.

„Du bist ein Gott, der mich sieht“, sagte Hagar voller Vertrauen. Sie sah keinen Ausweg mehr, aber sie wusste, dass Gott sie sieht und hört.

Gott ist ein Gott, der uns sieht.

Amen.

Uli und sophie in st.eckdose am 13.05.2018 um 13.57 Uhr

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