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Der Blog des Goldseelchen-Verlags
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James Bond gegen den Antibond

Ein Held, der keiner ist

Assoziationsspiel in der religiösen Bilderwelt. Beim „Sturz vom Himmel“ erscheint vor dem inneren Auge Luzifer, einst Fürst unter den Engeln. Er wollte sich partout nicht vor dem Menschen verneigen. Seither ist er der gefallene Engel, der aus dem Schatten heraus für Chaos in der Welt sorgt.

Assoziationsspiel beim britischen Auslandsgeheimdienst MI-6. Agent James Bond wird auf Tauglichkeit geprüft. Skyfall – „Sturz vom Himmel“? Die Antwort „Das Ende“ offenbart angeblich ein nicht überwundenes Kindheitstrauma. Und ist vielleicht ein Schlüssel, wie man den neuesten 007-Streifen interpretieren könnte. Wenn man es denn will.

Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte diesen Kommentar nicht weiter lesen.

Einer fällt vom Himmel

Bond ist körperlich ein Wrack. Bereits im Vorspann stürzt er von einer Brücke. Eine bildliche Umsetzung des „Skyfall“. Eine Agentin des MI-6 hat ihn abgeschossen, weil sie das Ziel verfehlte. Chefin M hatte ausdrücklich befohlen. Nach Gesetzen der Physik müsste Bond vom Aufprall ins Wasser schon Früchtequark sein. Doch der bewusstlose Körper treibt noch munter weiter, wird sogar einen Wasserfall heruntergespült. Denn Bonds Hobby ist „Auferstehung“.

Als die Bedrohung aus dem Schatten auftaucht, und M, die Eminenz im MI-6, das gesamte Agentensystem rechtfertigen muss, ist Bond zur Stelle. Ein tot Geglaubter lebt.

Ein sehr menschlicher Mensch

Im Eignungstest für Einsätze im Außendienst fällt er durch. Überhaupt wird immer wieder bemerkt, wie kaputt, alt oder ungeeignet der Agent doch sei. Eigentlich wäre es nur konsequent, wenn Bond nun aufhören würde. Bond ist kein Superheld. Er ist ein Mensch, ein sehr menschlicher Mensch. Doch der Schwächling scheint als Einziger geeignet, die Bedrohung aus dem Schatten zu bekämpfen.

Was ist das für eine Gestalt, die eine unsichtbare Macht in sich trägt? Parallelen zum biblischen Jesus finden sich. Bond hat keine Familie.

Nicht mehr, zumindest. Als er Kind war, starben seine Eltern. Dieser Tod scheint das Trauma gewesen zu sein, das er mit Skyfall assoziiert, dem elterlichen Herrensitz in Schottlands Ödnis. Der junge James habe sich tagelang im Fluchttunnel unter der Erde versteckt. Als er wieder herauskam, sei er kein Kind mehr gewesen, sagt der Hausverwalter: Nach den Tagen in der Höhle war er ein anderer Mensch geworden.

Zu Beginn des Filmes wird Bond bewusst geopfert, sein Tod in Kauf genommen. Obwohl Bond von M in Stich gelassen worden war, ist er umso mehr bereit, für seine Organisation zu kämpfen. Er sträubt sich sogar gegen die Vorschläge, in den Ruhestand zu gehen. Als gäbe es einen Plan, in dem er als Retter vorkomme.

Der Antibond

Raoul Silva ist die Bedrohung, die aus dem Schatten kämpft. Er ist der gefallene Agent, der sich von Kaltblütigkeit und verletztem Stolz leiten lässt. Weil Silva von M in Stich gelassen worden war, um sechs andere Agenten zu retten, führt er seinen Privatkampf gegen den britischen Auslandsgeheimdienst. Wen er nicht braucht, bringt er um. Seine Ziele sind seltsam diffus. Eine fast biblische Chaosmacht. Er lehnt sich gegen das auf, was ihn schuf.

Immer ein kleines Stück voraus ist der Widersacher sowohl Bond als auch dem Zuschauer. Sämtliche Aktionen und Anschläge, die Silva durchführt, sind lange im Voraus geplant. Selbst seine Verhaftungen sind Teil des Planes. Sobald das Gefühl auftritt, das Böse sei besiegt, erkennt sich der Sieger doch nur als zappelnder Gefangener in einem teuflischen Netz. Silva wirkt übermenschlich, so widernatürlich und detailliert sind seine Pläne.

Bond ist nicht da, der Raum ist leer

Zutiefst emotional gibt sich Silva, wenn er „Mutter“ M gegenüber steht. Die religiöse Größe dieser Mutterfigur wird nicht zuletzt beim Endkampf in einer dunklen Kapelle deutlich. Die Kapelle steht inmitten eines Friedhofs, wirkt wie eine Gruft. Bond ist nicht da, der Raum ist leer. Silva tritt ein. Er will M dazu nötigen, ihrem und seinem Leben gleichzeitig ein Ende zu setzen.

In letzter Sekunde taucht der Held auf, beseitigt den Anti-Bond. In seinen starken Armen haucht M ihre letzten Worte, sie habe nicht alles falsch gemacht. Die Bildeinstellung zeigt das Pieta-Motiv in vertauschten Rollen.

Gar kein Held

Die Erwartung vom Held wäre gewesen, andere zu retten.

Der Bösewicht wird im Moment seines Freitodes getötet. Lockvogel M, die es zu retten galt, rafft eine blutende Schusswunde dahin. Der einzige, der gerettet wird, ist der vermeintliche Retter selbst.

Nicht einmal für religöse Botschaften hält er her.

Bond ist kein Superheld. Er ist gar kein Held.

Die Regie hat sich dafür entschieden, ihn weiter leben zu lassen. Die Hauptfigur für alle anderen sterben zu lassen, kommt beim Publikum einfach nicht so gut an.

Uli in Kunstkultur am 19.11.2012 um 18.47 Uhr

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